Wie beeinflusst Home-Office die Arbeitszufriedenheit?

Homeoffice

Ein Phänomen, das sich seit Beginn der Pandemie stark verbreitet hat, ist das Home-Office. Diese Form der Arbeit hat starke Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der Arbeit und letztlich auf die Arbeitszufriedenheit der Menschen. In diesem Beitrag analysieren wir deshalb die relative Bedeutung unterschiedlicher Kanäle, über welche das Home-Office die Arbeitszufriedenheit beeinflussen kann.

Von Thomas Bolli, Filippo Pusterla, Ursula Renold*

Die COVID-19-Pandemie hat zu einem starken Anstieg von Home-Office geführt. Dies zeigt sich auch in der HF-Umfrage des ODEC von 2021 unter den Diplomierten und Studierenden HF. Im Jahr 2020 haben zwei Drittel der Befragten im Home-Office gearbeitet, wobei 95 Prozent deutlich mehr im Home-Office gearbeitet haben als noch 2019. Eine wichtige Frage ist deshalb, wie sich diese Entwicklung auf die Arbeitszufriedenheit ausgewirkt hat.

Aus theoretischer Sicht ist nicht eindeutig, ob Home-Office die Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer erhöht oder senkt. Eine Erhöhung der Flexibilität bei der Arbeitszeit durch Home-Office ist ein Beispiel für einen Kanal, über welchen Home-Office einen positiven Einfluss ausüben kann. In Gegensatz dazu besteht ein möglicher negativer Einflusskanal darin, dass Home-Office die Interaktion mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten beeinträchtigt. Aus empirischer Sicht gibt es jedoch nur wenige Belege für die Auswirkungen des Home-Office auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Insbesondere wissen wir noch zu wenig darüber, auf welche Weise Home-Office die Arbeitszufriedenheit beeinflusst.

Dieser Beitrag untersucht deshalb anhand der ODEC-Befragung die relative Bedeutung verschiedener Kanäle, über welche Home-Office die Arbeitszufriedenheit beeinflussen kann. Mehr als 2400 Diplomierte und Studierende HF haben spezifische Fragen zum Thema Home-Office beantwortet. Insbesondere wurden die Befragten gebeten, Aussagen zu den Auswirkungen des Home-Office auf verschiedene Arbeitscharakteristika zu bewerten. Zudem haben die Befragten den Einfluss des Home-Office auf ihre Arbeitszufriedenheit eingeschätzt. Die Kombination dieser Informationen erlaubt es uns, die relative Bedeutung der verschiedenen Kanäle zu untersuchen.

Hat Home-Office einen positiven oder einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit?

CES Homeoffice Grafik 1_d
Erklärung: Diese Abbildung zeigt den Einfluss von Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit nach verschiedenen Fachbereichen. N=2410. Der Fachbereich «Verkehr und Transport wird aufgrund der geringen Anzahl von Antworten nicht gezeigt.

Der Einfluss von Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit wird auf einer Fünf-Punkte-Skala von   1 weniger zufrieden) bis 5 (zufriedener) gemessen. Mit einem Wert von 3,33 hat Home-Office im   Durchschnitt einen leicht positiven Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Der Einfluss   unterscheidet sich nur wenig zwischen den Geschlechtern, zwischen jungen (unter 35 Jahren)   und älteren Arbeitnehmern sowie zwischen Kaderangehörigen (Angehörige des Kaders, der   Geschäftsleitung oder Direktion) und Angestellten ohne Kaderfunktion.

Im Gegensatz dazu gibt es starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Fachrichtungen,   wie Abbildung1 zeigt. Diese zeigt, dass Home-Office im Durchschnitt einen eher negativen   Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit von Befragten aus dem Fachbereich «Soziales und   Erwachsenenbildung» hat. Bei den anderen Fachrichtungen ist der Einfluss im Durchschnitt   positiv, wobei insbesondere die Befragten aus den Fachrichtungen «Wirtschaft» sowie «Kunst,   Gestaltung, Design» einen positiven Einfluss des Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit  feststellen.

Wie beeinflusst Home-Office die Arbeitszufriedenheit?

Home-Office kann die Arbeitszufriedenheit über verschiedene Kanäle beeinflussen. Abbildung 2 zeigt die relative Bedeutung der sieben untersuchten Kanälen. Die Breite der Pfeile stellt die relative Bedeutung des Kanals dar. Die Farben zeigen an, ob Home-Office die Arbeitszufriedenheit über diesen Kanal positiv (grün), negativ (rot), oder statistisch nicht gesichert (schwarz) beeinflusst.

CES Homeoffice Grafik 2_d
Lesehinweise: Diese Abbildung zeigt die relative Bedeutung, welche die sieben Kanäle bei der Erklärung des Einflusses von Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer haben. Die Breite der Pfeile stellt die relative Bedeutung des Kanals dar. Rot steht für Kanäle, die einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit haben. Grün steht für einen positiven Einfluss. Schwarz zeigt an, dass Home-Office über diesen Kanal keinen statistisch gesicherten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat. N=2410 Die Grafik zeigt zum Beispiel, dass Home-Office die Arbeitszufriedenheit am meisten erhöht, indem die Produktivität verbessert wird. Allerdings hat Home-Office über eine Verschlechterung der Work-Life-Balance auch einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit.

Von den sieben untersuchten Kanälen erklärt die erhöhte Produktivität den grössten Anteil der Variation in der Arbeitszufriedenheit. Folglich erhöht Home-Office die Produktivität, was sich wiederum positiv auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt. Der zweitwichtigste Kanal besteht darin, dass Home-Office die Arbeit interessanter macht, wodurch die Arbeitszufriedenheit steigt. Darüber hinaus erhöht Home-Office die Arbeitszufriedenheit, indem es die Arbeitszeit flexibler macht. Dieser Kanal ist allerdings deutlich weniger relevant als die zwei vorher erwähnten. Wir finden keinen Hinweis darauf, dass sich Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt, indem sie den Übergang zwischen Arbeits- und Freizeit erleichtert. ​

Auch wenn Home-Office im Durchschnitt einen positiven Einfluss aufweist, gibt es auch Kanäle, über welche Home-Office die Arbeitszufriedenheit beeinträchtigt. Unter den Kanälen, die sich negativ auswirken, ist die Verschlechterung der Work-Life-Balance der einflussreichste Kanal, welcher den positiven Einflüssen des Home-Office entgegenwirkt. Darüber hinaus stellen wir fest, dass das Home-Office einen moderaten negativen Einfluss über die Verschlechterung der Interaktion mit Mitarbeitern und Vorgesetzten hat. Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, weil eine frühere Analyse¹ zeigt, dass sich die Digitalisierung über einfachere Interaktion mit Kollegen und Vorgesetzten positiv auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt. Dies deutet darauf hin, dass die Digitalisierung die Mitarbeiter durch bessere Interaktion zufriedener macht, dass dies aber im Home-Office-Modus schwieriger ist.

Schliesslich wirkt sich auch der durch Home-Office erhöhte Zeitdruck negativ auf die Arbeitszufriedenheit aus. Allerdings weist der Kanal eine dünne Linie auf, d.h., die Befragten empfinden den Einfluss durch einen erhöhten Zeitdruck als eher gering. Weitere Datenauswertungen zeigen, dass es hinsichtlich der Relevanz der untersuchten Kanäle kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern, zwischen Jung und Alt, zwischen Kaderangehörigen und Angestellten ohne Kaderfunktion sowie zwischen verschiedenen Fachbereichen des HF-Studiums und dem Fachbereich «Technik» gibt. Die einzige Ausnahme ist, dass der Kanal der Produktivitätszunahme für Kaderangehörige sowie für Befragte aus dem Fachbereich «Technik» relativ weniger wichtig ist.


Empirische Methodik

Um die relative Bedeutung der verschiedenen Kanäle zu identifizieren, schätzen die Befragten den Einfluss von Home-Office insgesamt auf die Arbeitszufriedenheit ein. Zudem werden sie zum Einfluss von Home-Office auf sieben Arbeitscharakteristika, wie z.B. Zeitdruck, befragt. Über diese Kanäle kann Home-Office die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Anhand multivariater Regressionen untersuchen wir die Erklärungskraft jedes Kanales für den Einfluss von Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit.


Zusammenfassung

Unsere Analyse zeigt, dass Home-Office im Durchschnitt die Arbeitszufriedenheit leicht erhöht. Dabei sind vor allem zwei Kanäle wichtig: Home-Office verbessert die Arbeitszufriedenheit, indem es die Produktivität erhöht und die Arbeit interessanter macht. Unsere Ergebnisse zeigen allerdings auch, dass Home-Office über eine Verschlechterung der Work-Life-Balance sowie der Interaktion mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit aufweist. Wichtig ist zu bemerken, dass sich diese Resultate auf Diplomierte und Studierende HF beziehen. Die präsentierten Ergebnisse sind also nicht notwendigerweise repräsentativ für die gesamte schweizerische Bevölkerung.

* Professur für Bildungssysteme, ETH Zürich
¹ Siehe ODEC-Bulletin 2|2020 für eine detaillierte Analyse.