„Stay foolish, stay hungry“

10 Fragen an
10 Fragen an Tobias Gutzwiller

"10 Fragen an"  die Interviewreihe stellt ODEC-Mitglieder und ihre HF-Karrieren vor. Dieses Mal: Tobias M. Gutzwiller. Schon als Knirps stand er fasziniert vor Baustellen. Inzwischen weiss der Holztechniker HF, wie man anspruchsvolle Renovationen von denkmalgeschützten mittelalterlichen Gebäuden realisiert und wie man ein KMU erfolgreich führt.

Tobias M. Gutzwiller, was war als Kind Ihr Traumberuf?

Mit fünf Jahren wollte ich Bauarbeiter werden. Mich hat es fasziniert, wie mit Kran, Lastwagen und Bagger ein Haus entsteht. Mein Grossvater war Polier und hat als Maurer gearbeitet. Als ich vor der Berufswahl stand wusste ich, dass ich einen Beruf auswählen würde, in welchem etwas entsteht. Da mir das Holz als Werkstoff sehr gefällt, habe ich mich für eine Schreinerlehre entschieden.

Warum haben Sie sich für die Ausbildung zum Techniker HF Holztechnik entschieden?

Für mich war klar, dass ich mich weiterbilden wollte. Eine wissenschaftliche Weiterbildung kam allerdings nicht in Frage. So bin ich auf die praxisorientierte Ausbildung zum Techniker TS Holztechnik (heute dipl. Techniker HF Holztechnik) gekommen. Diese schien genau das zu sein, was ich suchte.

Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern?

Es ist einerseits wichtig, Branchenerfahrungen zu sammeln. Andererseits muss man immer offen für Neues sein und sich kontinuierlich weiterbilden. Dabei hilft es, ein Ziel vor Augen zu haben und dieses auch zu verfolgen. Des Weiteren ist ein gutes Netzwerk heutzutage unabdingbar. An dieser Stelle möchte ich ein Zitat aus einer Rede von Steve Jobs erwähnen, welches ich gerne an Berufseinsteiger weitergeben möchte: „Stay foolish, stay hungry“.

Was war der grösste berufliche Erfolg, den Sie bis jetzt feiern konnten?

Ich hatte die Gelegenheit, für eine Familie eine sehr anspruchsvolle Renovation eines Basler Altstadthauses aus dem Jahre 1359 zu realisieren. Der Umbau der Liegenschaft Lindenberg 15 war teilweise haarsträubend, sehr intensiv und alles andere als vorhersehbar. Die Auflagen der Denkmalpflege Basel-Stadt waren äusserst streng. Aber der Aufwand hat sich gelohnt und der Umbau wurde tatsächlich vom Basler Heimatschutz als „schonendste Renovation des Jahres 2017“ prämiert.

Die Digitalisierung schreitet in den meisten Branchen schnell voran. Was sind diesbezüglich die Entwicklungen in Ihrem Fachbereich?

Die Holzbranche hat, was die Digitalisierung betrifft, noch Potential. Ich denke, wer in Zukunft als Firma überleben will, der muss auch hier investieren. In unserer Branche stehen mehrere Themen an. Zurzeit werden bei uns alle Pläne auf einem 2D-CAD Zeichnungsprogramm erstellt. In absehbarer Zukunft werden diese Pläne jedoch dreidimensional gezeichnet. „Building Information Modeling“, kurz BIM, ist hier das Stichwort. Dabei werden Gebäude digital modelliert und optimiert. Viele unserer Kunden sind entweder Privatkunden oder es sind Architekten und Bauplaner. Alle grossen und komplexen Projekte werden in Zukunft mit BIM realisiert werden. In diesem Punkt ist die Schweiz im internationalen Vergleich noch nicht so weit. Wer somit zur rechten Zeit nicht „BIM-ready“ ist, der wird bei solchen Projekten zukünftig nicht mehr mitmachen können.

Birgt die Digitalisierung Ihrer Meinung nach auch Gefahren?

Ja, sicher. Gerade was das BIM betrifft sind die Abläufe noch nicht definiert, Schnittstellen fehlen teilweise gänzlich oder sind nicht ausreichend dokumentiert. Somit werden die ersten BIM-Aufträge sicher sehr „harzig“ laufen und es wird eine Herausforderung sein, ein BIM-Projekt zu leiten.

Die Digitalisierung ist auch sehr schnelllebig. Sie erfordert, dass man immer auf dem neusten Stand der Dinge sein und sich kontinuierlich weiterbilden muss. Bei der älteren Generation der „digitalen Immigranten“ kann die Digitalisierung auch schnell zu Überforderung führen, wenn man keine Affinität zur digitalen Welt hat.

Was ist Ihre Motivation, Mitglied beim ODEC zu sein?

Ich schätze den Austausch mit gleichgesinnten Technikern HF und finde es auch enorm spannend zu erfahren, was in anderen Branchen auf gleicher Ebene so alles abläuft. Der ODEC fördert die Bekanntheit des HF-Titels. Das führt dazu, dass der HF-Abschluss in der Gesellschaft, der Wirtschaft wie auch in der Politik mehr Anerkennung und Akzeptanz erhält. Dank dem ODEC ist man auch immer auf dem neusten Stand und bleibt informiert, was die Stufe HF betrifft.

Warum braucht es Ihrer Meinung nach den ODEC?

Der Berufsstand der Diplomierten HF sollte noch bekannter werden. In der Wirtschaft werden die Diplomierten HF sehr geschätzt, da sie eine praxisbezogene Ausbildung haben und auch immer sehr pragmatisch denken und handeln. Leider ist die politische Anerkennung dieses Berufsstandes noch nicht soweit. Unsere Diplome sind nicht eidgenössisch. Ich hoffe, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich das ändert.

Sie sind Träger des Professional Bachelor ODEC und des Ing. EurEta. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesen Titeln gemacht?

Ich hatte einige positive Rückmeldungen aus dem europäischen wie auch aus dem internationalen Raum. Dank diesen Titeln lässt sich die Ausbildung international vergleichen und es wird verständlicher, wo man einen Techniker HF einordnen kann. Bekannt sind Titel wie der Ingenieur, der Bachelor oder der Master. Aber was ein Techniker HF ist, das gilt es immer wieder zu erklären.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

Beruflich gesehen wünsche ich mir, dass die Teilzeitarbeit auch in Kaderpositionen an der Tagesordnung ist. Zudem sollte Home-Office viel mehr gefördert werden, sodass sich Beruf und Familie besser vereinbaren lassen. Im Privaten möchte ich mehr Zeit für das Reisen mit meiner Familie haben und mich vertiefter meinen Hobbys widmen können.


Steckbrief

Name: Tobias M. Gutzwiller

Jahrgang: 1974

Wohnort: Sissach BL

ODEC-Mitglied: seit 2004

Social Media:

https://www.xing.com/profile/TobiasM_Gutzwiller/

https://www.linkedin.com/in/tobias-m-gutzwiller-9951392b/

Aktuelle berufliche Tätigkeit: Geschäftsführer Schreinerei Walter Bochsler AG, Urdorf

Lehre: Möbelschreiner

Höhere Fachschule: Berner Fachhochschule BFH HF Holz, Dipl. Techniker HF Holztechnik

Weiterbildung: Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Abteilung Hochschule für Wirtschaft, Basel, Executive Master of Business Administration FH (EMBA)