Internationale Mobilität der HF-Diplomierten
«Keine Daten – keine Probleme». Das laufende Projekt «Positionierung HF» auf Bundesebene zeigt auf, dass für das SBFI die internationale Mobilität der HF-Diplomierten nicht einschätzbar ist, da zu wenig konkrete Fälle bekannt sind. Nur wegen fehlender Daten dies als «kein Problem» abzutun, ist für uns keine Option.
Von Urs Gassmann
Für HF-Diplomierte ist ihr Titel und deren Bekanntheit ein Kernthema mit hohem Interesse. Wer ein HF-Studium abschliesst, hat viel geleistet und investiert. Zu Recht wird erwartet, dass dieser Abschluss bekannt ist, richtig positioniert und geschätzt wird. Dazu gehört auch ein international verständlicher und anwendbarer Titel.
Grob kann die Verwendung des HF-Titels in drei Kategorien eingeteilt werden: die nationale Mobilität, die internationale Mobilität mit und ohne Bewilligung von ausländischen Behörden.
Die nationale Mobilität kann für HF-Diplomierte bereits zu Problemen führen. Bei internationalen Firmen, die nur englische Titel kennen und akzeptieren, aber auch bei Personalverantwortlichen, die das schweizerische Bildungssystem nicht genügend kennen, müssen HF-Abschlüsse erklärt werden. Nicht einfach, wenn man bedenkt, dass das duale Bildungssystem in den meisten Ländern gänzlich unbekannt ist. Fakt ist leider, auch schweizerische Personalverantwortliche sind davon nicht ausgenommen.
Die internationale Mobilität ohne Bewilligungen von ausländischen Behörden stellt meist kein Problem dar. Mehrheitlich betrifft dies Dienstreisen, Projektaufträge, etc. im Auftrag einer Firma, meist für eine kurze Zeitdauer.
Die internationale Mobilität mit Bewilligungen von ausländischen Behörden hingegen ist unserer Erfahrung nach ein grösseres Problem. Die offiziellen Meinungen gehen jedoch auseinander. Aufschluss über die unterschiedlichen Auffassungen legt der Zwischenbericht der «Positionierung HF» des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI offen.
Ein Blick in den Zwischenbericht des SBFI
Das Projekt «Positionierung HF» bringt viele Fakten respektive den aktuellen Wissensstand über die Stufe HF auf den Tisch. Dadurch werden auch ungenügende Kenntnisstände oder blinde Flecken sichtbar. Einer davon betrifft die internationale Mobilität, in Zusammenhang mit Bewilligungen, durch ausländische Behörden und Institutionen. Die Aussagen zur internationalen Mobilität beruhen auf zu wenig Daten. Daten, abgeleitet von wichtigen Dienstleitungen, die das SBFI zwar anbietet, aber der Bevölkerung fast gänzlich unbekannt sind und deshalb auch nicht in Anspruch genommen werden.
Wenn zu wenige Daten vorhanden sind, gibt es verschiedene Möglichkeiten zu reagieren: Sich damit abzufinden, dem SBFI die Schuld zu geben oder dafür zu sorgen, dass es mehr Daten gibt, damit dieser blinde Fleck sichtbar wird.
Der ODEC ist die einzige Organisation, welche die Möglichkeit und Kontakte hat, bei HF-Diplomierten fehlende Daten fachbereichs-, funktions- und altersübergreifend zu erfassen. Zudem können wir auf die Unterstützung von Höheren Fachschulen zählen, deren Absolvierende auf die internationale Mobilität am stärksten angewiesen sind. Damit nicht Daten gesammelt werden, die anschliessend als nicht passgenau abgetan werden, haben wir die Fragen zu unserer Erhebung in Absprache mit dem SBFI erstellt.
Wir sind der Überzeugung, dass es für jedes Problem eine Lösung und auf jede offene Frage eine Antwort gibt. Wenn Daten fehlen, dann müssen diese auch zu beschaffen sein. Unsere Umfrage, in deutscher Sprache, haben wir Mitte Januar 2022 gestartet. Wir wollen dadurch erfahren, welche Erfahrungen HF-Diplomierte mit ausländischen Behörden bezüglich ihres HF-Diploms gemacht haben. Was war positiv und negativ, was hat funktioniert und was nicht, was hat gefehlt und warum wurden Bewilligungen abgelehnt.
Ausschlag für die Initiierung unserer Umfrage
Mit dem umfassenden Zwischenbericht zur «Positionierung Höherer Fachschulen» werden viele Aspekte der Stufe HF somit auch der HF-Diplomierten betrachtet und untersucht. (Im Bulletin Dezember 2021 haben wir, in einem Bericht, bereits Bezug darauf genommen.) Beim Kapitel «Handlungsfelder» wird auch die nationale und internationale Mobilität betrachtet.
Doch wie steht es mit der internationalen Mobilität der HF-Diplomierten? Eine Frage, die viele brennend interessiert.
«Keine Daten – keine Probleme»
Der Zwischenbericht des SBFI liefert folgenden Befund: Fundierte Daten zur internationalen Mobilität von HF-Absolventinnen und -Absolventen liegen nicht vor – weder zur Bildungsmobilität noch zur Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. Bekannt ist jedoch:
Arbeitsmarkt: Das SBFI stellt im Bereich der reglementierten Berufe pro Jahr auf Antrag von HF-Titelinhaberinnen und -inhabern rund 10 bis 20 Bescheinigungen zuhanden von europäischen Anerkennungsstellen aus. Diese bestätigen, dass der entsprechende HF-Abschluss staatlich anerkannt ist und einem in der Richtlinie 2005/36/EG geforderten Niveau entspricht. Entsprechende Bescheinigungen zu HF-Abschlüssen werden auch für aussereuropäischen Anerkennungsstellen ausgestellt (ca. 10 pro Jahr).
Bildungssystem: Im Bereich der internationalen Mobilitätsprojekte und institutionellen Kooperationsprojekte für HF im Rahmen der Bundesprogramme («Schweizer Lösung») zu Erasmus+ gab es bisher nur wenige Projekte.
Erstes Fazit: Es liegen kaum Daten zur internationalen Mobilität von HF-Absolvierenden vor. Geschilderte Schwierigkeiten sind beispielhaft vorgebrachte Fälle: Eine Person fand keine Stelle, erhielt keine Aufenthaltsbewilligung oder wurde nicht zu einer bestimmten Ausbildung zugelassen. Gemeinsam ist diesen Fällen, dass es ausländischen Behörden und Anerkennungsstellen teilweise schwerzufallen scheint, die vorgelegten HF-Diplome korrekt einzuschätzen.
Unser Fazit:
Im Gegensatz zum SBFI ist der ODEC schweizweit bekannt für Möglichkeiten, sich im In- und Ausland richtig zu positionieren. Entsprechend erhielten wir in den letzten 20 Jahren unzählige Anfragen, welche Vorgehensweise die Anerkennung des HF-Diploms ermöglicht respektive den HF-Titel erklärt. Sowohl in der nationalen wie auch der internationalen Mobilität hat unser Verbandstitel «Professional Bachelor ODEC®» gute Dienste geleistet. Seit seiner Einführung vor 15 Jahren sind laufend über 1000 Zertifikate im Umlauf.
Aus langjährigen Erfahrungen mit dem SBFI haben wir gelernt: Ohne belegte Daten werden wir keine Verbesserung für HF-Diplomierte erzielen können. Nur mit greifbaren Beispielen wird sich die Maschinerie des Bundes, wenn überhaupt, bewegen lassen. Das SBFI kann zum heutigen Zeitpunkt die Daten nicht selbst erheben, denn es gibt keine offizielle Datenbank, um auf Kontakte von HF-Diplomierten der letzten Jahre, geschweige denn von über 20 Jahren, zuzugreifen.
Nächste offiziellen Schritte im Projekt «Positionierung HF»
Der Arbeitstag vom 19. Januar 2022, welcher sich mit den Themen «Bezeichnungsschutz und institutionelle Anerkennung» sowie «Kommunikation und Sensibilisierung» auseinandergesetzt hätte, wurde auf den 29. März 2022 und 24. Mai 2022 verschoben. Aufgrund von Krankheitsfällen und der Risikobeurteilung bezüglich Pandemie wäre die Durchführung nicht zielführend gewesen und eine Online-Tagung mit rund 70 Teilnehmern bringt nicht dieselben Resultate. Es ist schade, dass der Arbeitstag verschoben werden musste, aber die Auseinandersetzung vor Ort bringt die Anliegen, Argumente und Kritiken sicher besser auf den Punkt.