Einblick in die Welt der Radiologiefachpersonen HF

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Radiologiefachpersonen HF nehmen eine unverzichtbare Rolle im Gesundheitswesen ein. Wir tauchen ein in eine Welt, in der Präzision auf Empathie trifft und technologischer Fortschritt Hand in Hand mit menschlicher Fürsorge geht.
 

Von Kay Uehlinger
 

Gemeinsam mit zwei Expertinnen sprechen wir über die Ausbildung von Radiologiefachpersonen HF, den Fachkräftemangel und die Zukunft der Radiologie. Das mit Gisela Salm, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiterin Bildungsgang Medizinisch-Technische Radiologie HF am «medi – Zentrum für medizinische Bildung» sowie Mitglied des Zentralvorstandes des SVMTR, und mit Arletta Collé, Leiterin Bildungsgang Medizinisch-Technische Radiologie HF am «Careum – Bildungszentrum für Gesundheitsberufe». Ausserdem erhalten wir einen zusätzlichen Einblick in das Berufsfeld durch die Schweizerische Vereinigung der Radiologiefachpersonen (SVMTR).

Fachliche Kompetenzen

«Radiologiefachpersonen benötigen ein fundiertes Fachwissen in der Anatomie, Physiologie, Pathologie und Pathophysiologie des menschlichen Körpers sowie die Vernetzung zu den radiologischen Verfahren und Technologien», verrät uns Arletta Collé. Und Gisela Salm ergänzt: «Sie führen nach ärztlicher Anordnung eigenständig Untersuchungen und Behandlungen mittels bildgebender Verfahren, ionisierender Strahlung und elektromagnetischer Felder durch.» Die Geräte kommen, so Collé, in den drei Fachbereichen Diagnostische Radiologie (DR), Radioonkologie (RO) und Nuklearmedizin (NUK) zum Tragen. «Die Bedienung erfordert ein 3D-Vorstellungsvermögen sowie ein hohes technisches Verständnis.» Zudem sei die Ausbildung generalistisch angelegt, sodass Radiologiefachpersonen in allen drei Gebieten eingesetzt werden können.

  • Die Diagnostische Radiologie nutzt bildgebende Verfahren wie konventionelles Röntgen, Computer- und Magnetresonanztomografie, Ultraschall und Durchleuchtung zur Diagnose, Beurteilung und Therapie. Die interventionelle Radiologie kombiniert diese Techniken mit speziellen Instrumenten, um minimalinvasive Eingriffe durchzuführen.
  • Die Nuklearmedizin beschäftigt sich mit der Anwendung von radioaktiven Substanzen (Radiopharmaka). Sie kombiniert die Prinzipien der nuklearen Physik, Radiologie und Medizin, um Informationen über den Stoffwechsel und die Funktion von Organen und Geweben zu erhalten. Die Radiopharmaka werden in den Körper eingebracht und reichern sich in bestimmten Organen an. Die ausgesendete Strahlung wird bildlich dargestellt.
  • In der Radioonkologie wird mittels hochenergetischer ionisierender Strahlen bewusst Tumorgewebe zerstört. Hierbei sterben Zellen ab, welche sich gerade im Teilungsprozess befinden und hochsensibel auf Strahlen reagieren.

Soziale Kompetenz und ein dickes Fell als Voraussetzung

Nebst den technischen Anforderungen nehmen auch die sozialen Kompetenzen eine wichtige Rolle ein. «Sie tragen die Verantwortung für die Beziehungsgestaltung mit den Patientinnen und Patienten», sagt Salm. Dabei müssten sie die Bedürfnisse und die Würde berücksichtigen und sich stets empathisch verhalten. «Eine empathische und klare Kommunikation kann dazu beitragen, Ängste zu reduzieren und das Vertrauen der Patientinnen und Patienten zu stärken», ergänzt Collé.

Doch nicht nur die Art und Weise in der Behandlung und Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten sei entscheidend. «Auch der Umgang mit Drittpersonen, z.B. Begleitpersonen, Angehörigen, Eltern, Kindern oder auch das ungeborene Kind stellt eine zentrale Kompetenz dar», meint Salm und fügt hinzu: «Teamfähigkeit und die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ebenfalls sehr wichtig.» Collé ergänzt: «Nur durch effektive Kommunikation, Kooperation, Verantwortungsübernahme und gegenseitigen Respekt ist eine optimale Patientenversorgung möglich.»

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist laut unseren Expertinnen eine hohe psychische Belastbarkeit. Dies wird in der Ausbildung entsprechend thematisiert. «Radiologiefachpersonen arbeiten oft mit schwer kranken oder stark verunfallten Patientinnen und Patienten, z.B. in der Radioonkologie, der Nuklearmedizin, im Kinderspital oder auf der Notfallstation. Das kann psychisch sehr be- lastend sein», sagt Salm. «Deshalb thematisieren wir den Umgang mit kranken Menschen intensiv.» Auch das Thema Sterben und Sterbebegleitung sowie die entsprechenden ethischen Grundwerte würden während der gesamten Ausbildung behandelt.

«Auch bei uns wird die psychische Belastbarkeit in der Ausbildung regelmässig thematisiert und trainiert», sagt Collé. Darüber hinaus würden weitere präventive Themen behandelt, damit angehende Radiologiefachpersonen über die notwendigen Ressourcen verfügen, um ihre psychische Gesundheit zu schützen und langfristig erfolgreich in ihrem Beruf tätig zu sein. Letzteres auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel.

Erheblicher Fachkräftemangel in der Radiologie

«Der Fachkräftemangel im Gebiet der Radiologie ist sehr gross», sagt Salm. Die Ursachen seien vielfältig. «Einerseits spielen die Demografie und das damit verbundene höhere Arbeitsvolumen eine gewichtige Rolle, zudem ist das Berufsbild in der Bevölkerung zu wenig bekannt.» Auch Collé sieht in der mangelnden Bekanntheit ein grosses Problem. «Das zu durchbrechen, muss ein gemeinsames Ziel sein, genauso wie aufzuzeigen, dass eine Radiologiefachperson zu einer eigenständigen Berufsgruppe gehört und den Menschen mit der Technik verbindet und eine zentrale Rolle in der Medizin spielt.»

«Natürliche Abgänge, Teilzeitarbeitende und Wechsel in andere Fachrichtungen kommen hinzu. Die ausgebildeten Radiologiefachpersonen können den Bedarf nicht mehr decken», meint Salm. Denn laut einer Arbeitsmarktanalyse der Schweizerischen Vereinigung der Radiologiefachpersonen (SVMTR) aus dem Jahr 2020 würden in den kommenden fünf Jahren ca. 230 diplomierte Radiologiefachpersonen pro Jahr zusätzlich gebraucht. «Derzeit werden in der Schweiz aber jährlich nur rund 150 Personen ausgebildet», so Salm.

«Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind Massnahmen wie die Förderung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten (CAS, DAS, MAS), die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Einführung flexibler Arbeits- und Ausbildungsmodelle und die bereits erwähnte Bekanntheitssteigerung des Berufes notwendig», ist sich Collé sicher. Auch eine gezielte Rekrutierung von talentierten Fachkräften sowie die Förderung von Diversität und Inklusion können dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu mildern.

KI – Herausforderung oder Chance?

Definitiv eine Chance. Darin sind sich unsere Expertinnen einig. «Die Radiologie steht unter einem stetigen Wandel», sagt Salm. Die künstliche Intelligenz unterstütze die Arbeit im Alltag der Radiologiefachpersonen mehr, als man bereits wahrnehme, und in Zukunft werde das noch weiter zunehmen. «Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglicht eine schnellere und präzisere Bildanalyse, Diagnosestellung und Befundung», sagt Collé. «Sie kann die Radiologinnen und Radiologen bereits jetzt massgeblich unterstützen und entlasten.» Aber auch in Anbetracht des steigenden Energieverbrauchs und Ressourcenbedarfs werde die Entwicklung von umweltfreundlicheren Technologien und Praktiken nebst künstlicher Intelligenz eine zunehmende Rolle spielen.

Gisela Salm ergänzt: «Ein wesentlicher Faktor werden die Patientinnen und Patienten mit ihren steigenden Erwartungen und Ansprüchen sein, die es auch in Zukunft korrekt zu befriedigen gilt.» Abschliessend meint Collé, dass menschliche Expertise und klinisches Urteilsvermögen aber nach wie vor unersetzlich seien und KI-Systeme lediglich als Unterstützungstools dienen werden. «Der Umgang mit Patienten und Patientinnen ist und bleibt eine zentrale Kompetenz der Radiologiefachpersonen.»

Den Beruf mit Stolz nach aussen tragen

Der Berufsverband SVMTR setze sich gleich in mehreren Bereichen gegen den Fachkräftemangel ein. «Wir motivieren Mitglieder, unseren Beruf nach aussen zu tragen und stolz darauf zu sein», erklärt Marco Budin, Präsident SVMTR. Zudem schalte man Werbung auf Social Media und nehme an Berufsmessen teil. Der Fokus ist beim SVMTR klar: «Wir sind der Meinung, dass sich die Attraktivität lediglich durch Karrieremöglichkeiten und erweiterte Kompetenzen steigern lässt.»

Sich laufend weiterzubilden, sei unerlässlich. «Kaum ein anderer Beruf hat sich die letzten Jahre durch Digitalisierung, künstliche Intelligenz und neue Technologien so schnell weiterentwickelt.» In manchen Bereichen gäbe es bereits obligatorische Fortbildungen, die absolviert werden müssten. «Als Berufsverband sehen wir eine grosse Chance in Weiterbildungen mittels CAS/DAS/MAS.»


Berufsverband SVMTR
Die Schweizerische Vereinigung der Radiologiefachpersonen ist assoziiertes Mitglied im ODEC. Der Berufsverband SVMTR ist für die berufliche Identität der Mitglieder und für die Anerkennung des Berufs zuständig und unterstützt sie in allen Bereichen der Radiologie.