Einblick in die Welt der Holztechnik HF – Holzbau

Holzbau

Der Holzbau ist weit mehr als nur eine handwerkliche Disziplin. Er erfordert technisches Know-how und strategische Führungsqualitäten. In einer Zeit mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Innovation kommt Holzbautechniker/innen HF eine Schlüsselrolle in der Branche zu. Mit Christoph Rellstab, Leiter der Höheren Fachschule Holz Biel, und Hansruedi Schiesser, Fachvorsteher HF Holzbau an der ibW Südostschweiz, werfen wir einen Blick hinter die Kulissen dieser anspruchsvollen Ausbildung und zeigen, welche Kompetenzen die Absolvierenden erwarten.

Von Kay Uehlinger

Der Lesefreundlichkeit halber werden Holzbautechniker/innen HF – Holzbau nachfolgend ohne die Spezialisierung «Holzbau» genannt.

Das können Holztechniker/innen HF

Holztechniker/innen HF würden für anspruchsvolle Fach- und Führungsaufgaben in der Holzbranche ausgebildet werden, wie Christoph Rellstab erklärt. «Die Rucksäcke unserer Studierenden werden darum mit Kompetenzen aus den Bereichen Materialien, Planung und Abwicklung von Projekten, Organisation und Produktion, Beratung und Verkauf, Ressourcen, Umwelt und 
Nachhaltigkeit sowie Führung und Support gefüllt.»

Hinzu kommen laut Hansruedi Schiesser weitere Handlungskompetenzen wie Marktanalyse und Marketing, Innovation, Gestaltung sowie Sicherheit und Qualitätsmanagement. «Diese Kompetenzen ermöglichen dipl. Holzbautechniker/innen HF eine effektive und umfassende Führung und Durchführung von Holzbauprojekten.»

Verantwortungsvolle Führungskräfte

«Dipl. Holztechniker/innen HF arbeiten als Führungskräfte oder Fachspezialisten in Planung und Beratung», sagt Schiesser und «sowohl im Unternehmen als auch auf den Baustellen nehmen sie eine zentrale Drehscheiben- und Schnittstellenfunktion zwischen den verschiedenen Stakeholdern wahr.» Zum Tätigkeitsbereich würden beispielsweise die Planung und Umsetzung von Neubauten, Umbauten, energetischen Sanierungen und von Statik- oder Brandschutzkonzepten gehören. «Dazu leisten sie ihren Beitrag zu Gesellschaft, Wirtschaft, Natur und Kultur, indem sie bei Neu- und Umbauten hohe Standards für das Wohnklima und die Lebensqualität einhalten. Sie interagieren mit Planungsstellen, Auftraggebern, Behörden und Ämtern und tragen so zum Gedankengut einer nachhaltigen Gesellschaft bei.»

Karrieremöglichkeiten

«Holzbautechniker/innen HF bieten sich vielseitige und interessante Karrieremöglichkeiten an», meint Rellstab. Typisch sei der Einstieg in eine Projektleitungsaufgabe in einem Holzbaubetrieb. Dabei könne aber der Begriff «Projektleitung» bereits sehr viele verschiedene Aufgaben und Verantwortlichkeiten umfassen: «In kleineren Unternehmen sind oft bereits ab dem Karrierestart Führungs- und Fachaufgaben wahrzunehmen. In grösseren Unternehmen kommen diese Aufgaben in der Regel innerhalb von wenigen Jahren dazu.» Aber auch weitere Karrieremöglichkeiten würden sich eröffnen, wie Rellstab weiter erklärt, beispielsweise in Planungs- oder Ingenieurbüros, bei Generalunternehmen, in der Zulieferindustrie oder bei Softwareanbietern. «Eine wichtige Rolle bei den Entscheidungen spielen auch die persönlichen Ziele.»

Die Rolle im Zusammenspiel mit anderen Expertengruppen

«Das Zusammenspiel mit anderen Fachleuten, sei es mit Architekten, Personen aus anderen Fachbereichen oder Behörden, funktioniert meistens sehr gut», sagt Schiesser. Denn: «Bei einem Holzbauprojekt liegt der Lead für ein gutes Zusammenspiel vielfach beim Holzbauer.» Besonders hervorzuheben sei die Zusammenarbeit mit den Architekten. «Die Zusammenarbeit hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren stark verbessert. Architekten haben die Kompetenzen der Holztechniker/innen HF zu schätzen gelernt. Und auf der anderen Seite können wir heute die Ideen und Entwürfe von Architekten viel besser und offener umsetzen.»

Rellstab meint: «In einem Projekt sind die Abgängerinnen und Abgänger beispielsweise für die Gesamtleitung verantwortlich und müssen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens mit Fachpersonen aus anderen Fachgebieten und Branchen zusammenarbeiten.» Es gebe also Rollen, wo sie vorgesetzt und verantwortlich seien, Rollen, wo sie beratend und unterstützend aktiv seien, und es gebe Rollen, wo sie Spezialwissen und -können einbringen müssten. «Zentral ist, bereits im Studium diese verschiedenen Rollen zu thematisieren und damit das Zusammenspiel praxisnah zu üben.»

Mit Goodies gegen den Fachkräftemangel

Holzbautechniker/innen HF profitieren zwar von der sehr breiten Ausbildung, was jedoch laut Schiesser auch ein Nachteil für die Branche sein kann. «Branchenfremde Führungspositionen in grösseren Firmen sowie bei Behörden sind sehr gut möglich. Dies wird auch immer wieder durch Absolvierende praktiziert.»

Zwar konnten bis vor einigen Jahren die Abgänge jeweils durch die stabile Nachfrage bei den Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bei jungen Personen kompensiert werden, doch in den letzten Jahren sei die Branche überdurchschnittlich gewachsen und nun schmerze jeder Abgang einer gut ausgebildeten Fachperson. «Die Branche (Firmen) versucht nun durch zusätzliche Goodies die Fachkräfte zu halten. In letzter Zeit hat sich zum Beispiel die Anzahl der Teilzeitarbeitsstellen im Kader vervielfacht», sagt Schiesser. Man versuche, sich auch im Holzbau an die heutigen Bedürfnisse der Mitarbeitenden anzupassen. «Es gibt auch eine erste Firma im Holzbau, die eine Kita anbietet. Weiter gehört mittlerweile auch ein eigenes Firmenfahrzeug, welches auch in der Freizeit genutzt werden darf, bei Kaderangestellten schon fast zum Standard. Schlussendlich wird sich auch das Lohnniveau auf den verschiedenen Stufen wahrscheinlich eher etwas nach oben orientieren müssen.»

Dennoch denkt Schiesser, dass der grösste Vorteil bei der anspruchsvollen, aber sehr schönen Arbeit als Holztechniker/in HF bleibe: «Ein Job mit entsprechender Wertschätzung macht zufrieden, aber auch stolze Mitarbeitende, welche ihre Arbeit gerne machen.»

Steigende Anforderungen und die Zukunft des Holzbaus

Christoph Rellstab ist der Meinung, dass sich die Anforderungen an die Unternehmen der Holzbranche und damit auch an die Abgängerinnen und Abgänger rasch und stark weiterentwickeln werden. Rellstab meint: «In der Schweiz sind wir in vielen Branchen mit dem Fachkräftemangel konfrontiert.» Bis 2050 wolle die Schweiz aufgrund des Klimawandels CO2-neutral werden. Es habe jedoch rund eine Million Gebäude, welche dafür energetisch saniert werden müssten. «Aufgrund der weltweit steigenden Nachfrage nach Holz in verschiedensten Bereichen ist zudem davon auszugehen, dass das Rohmaterial Holz in Zukunft nicht immer in gewünschter Menge und Qualität vorhanden sein wird.» Dies ist für Rellstab ein Knackpunkt, welcher Auswirkungen auf die Holzbranche haben werde.

Beide Experten sind sich einig, dass vor allem die technische Entwicklung rasant vorangeht. Rellstab meint: «Künstliche Intelligenz wird sicher eine Rolle spielen. Insgesamt wird es darum gehen, mit weniger Input – dafür intelligenter – mehr zu machen.» Auch Schiesser denkt, dass standardisierte Abläufe zeitnah durch KI erledigt werden. «Dies sehe ich vor allem im Neubau auf uns zukommen. Die Einzigartigkeit eines Gebäudes oder des Standorts des Baus wird aber zukünftig immer noch die Kompetenz eines Holzbauplaners benötigen.» Weiter führt er aus: «Es gibt einige Betriebe, die sich auf die Produktion von Elementen konzentrieren und dabei einen hohen Grad an technischen Hilfsmitteln einbauen. Auf der anderen Seite gibt es (kleinere) Betriebe, die sich auf die Arbeiten auf der Baustelle fokussiert haben.» Dabei werde es seiner Meinung nach in Zukunft weiter beide Unternehmervarianten brauchen. «Beide Unternehmen werden Führungspersonen und Fachleute wie Holztechniker/innen HF weiterhin benötigen. Ob es früher oder später zu einer unterschiedlichen Fachrichtung kommen wird, lasse ich offen. Sicher ist, dass sie augenscheinlich unterschiedliche Anforderungen haben.»

Für Rellstab ist klar: «Zentral bleibt weiterhin die Frage, welche spezifischen Kompetenzen und welches Wissen vermittelt werden muss, mit dem Bewusstsein, dass sich die Anforderungen sehr rasch verändern.» Konkret bedeute das, dass sie genau prüfen, wie viel Zeit für das Vermitteln und den Aufbau von sofort einsetzbarem Fachwissen und -können aufgewandt werden müsse. Und wie viel Zeit für generelle Problemlösungskompetenzen, mit welchen sich die Holztechniker/innen das notwendige Wissen und Können selbst verfügbar machen könnten. «Beispielsweise durch ein gutes Netzwerk in der Branche, fundierte Recherchen und natürlich auch durch den Einsatz von KI.»


Serie «Vorstellung von Fachrichtungen HF»
Es gibt über 55 HF-Fachrichtungen, alle mit hohen Ausbildungsstandards. In jedem Bulletin stellen wir eine davon vor.