Die Stellungnahme des Bundes zur Interpellation bleibt eher vage
Wie im letzten Bulletin 3/2024 angekündigt, berichten wir über die Antworten des Bundes zu in der Interpellation von Nationalrat Philipp Kutter gestellten Fragen. Einerseits eine erneute Bestätigung unserer Forderungen und Zielsetzungen, andererseits vor allem Ausweichendes.
Von Jsabelle Tschanen
Interpellation von Nationalrat Philipp Kutter
In seiner Interpellation «Höhere Fachschulen werden von Fachhochschulinstituten ausländischer Investoren-gruppen verdrängt» machte Kutter darauf aufmerksam, dass die von der Schweizer KMU-Wirtschaft so geschätzte Höhere Berufsbildung gegenüber der Hochschulbildung immer mehr an Boden verliere. Es bleibe den Höheren Fachschulen auch nach mehrjährigen An-erkennungsverfahren verwehrt, einen international verständlichen Titel abzugeben.
Die Hotellerie ist in der Schweiz eine florierende Branche und HF-Diplomierte geniessen weltweit ein hohes Ansehen. Trotzdem verlieren ausländische Investorengruppen gemäss Kutter das Interesse an der HF-Stufe, da die Anerkennungsverfahren zu langwierig seien. Auf Fachhochschulstufe hingegen werde eine schnelle Akkreditierung gewährt und damit die Vergabe geschützter Bachelor- und Master-Titel. In diesem ungleichen Wettbewerb haben englischsprachige Programme der Höheren Fachschulen das Nachsehen.
Kutter hat in seiner Interpellation vier Fragen an den Bundesrat gestellt.
Philipp Kutters gestellte Fragen an den Bundesrat:
1. Welche Strategie verfolgt der Bund, um die Stärken des schweizerischen Berufsbildungssystems zu erhalten und der Abwanderung von Bildungsanbieter:innen und Studierenden in den Hochschulbereich Einhalt zu gebieten?
2. Wie stellt der Bund angesichts der grassierenden Zahl von Fachhochschulinstituten – betrieben durch ausländische Investorengruppen – die Qualität im Hochschul- und insbesondere Forschungsbereich sowie den Zusammenhalt im schweizerischen Bildungswesen sicher?
3. Verfolgt der Bund die Strategie, mit der einfachen Zulassung von FH-Instituten, den Eintritt in den Bewerbungsprozess bei Unternehmen und damit in den schweizerischen Arbeitsmarkt verstärkt über Fachhochschulabschlüsse zu öffnen?
4. Ist es im Interesse des Bundes, wenn jetzt auch Höhere Fachschule eine Akkreditierung als Fachhochschulinstitut anstreben, weil ihnen diese erlauben würde, neue Bildungsprogramme viel rascher und mit gefragteren Titeln am Markt anzubieten?
Stellungnahme des Bundes
Im Folgenden Auszüge aus der Stellungnahme des Bundesrates zu den vier von Kutter gestellten Fragen sowie unsere eigenen Überlegungen dazu. Der gesamte Wortlaut der Stellungnahme ist unter www.parlament.ch «24.3444» einsehbar.
1. «Geplant ist unter anderem die gesetzliche Verankerung eines Bezeichnungsschutzes für ‹Höhere Fachschule› sowie die Einführung der Titelzusätze ‹Professional Bachelor› und ‹Professional Master› für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung. Für die Umsetzung der Massnahmen hat der Bundesrat im Juni 2024 eine Vernehmlassung eröffnet.»
Der Bund verweist auf das im Einvernehmen mit Kan-tonen und Sozialpartnern entwickelte Massnahmenpaket zur Umsetzung des Projekts «Positionierung Höhere Fachschulen». Eine Richtung, die unseren Forderungen und unserer letzten Stellungnahme entspricht. Obwohl das Einvernehmen aller Protagonisten als klar gilt, wird immer noch von «Planung» und nicht von einer definitiven Ausführung gesprochen. Wir bleiben gespannt, ob der Bund an seinen definierten Vorstellungen festhält, oder ob er auch dieses Mal durch die Einflussnahme der Hochschule einknickt.
2./3. «Das Hochschulförderungs- und koordinationsgesetz schützt die Bezeichnungen ‹Universität›, ‹Fachhochschule (FH)›, ‹Pädagogische Hochschule› sowie abgeleitete Bezeichnungen wie ‹universitäres Institut› oder ‹Fachhochschulinstitut›. Der Schweizerische Akkreditierungsrat als unabhängiges Gremium prüft, ob eine Institution die Voraussetzungen zur Zulassung zum Verfahren erfüllt. Bis heute wurden neben neun öffentlich-rechtlichen Fachhochschulen eine private Fachhochschule und vier private Fachhochschulinstitute akkreditiert.»
Die Frage von Kutter wird unser Erachtens zu wenig konkret beantwortet. Es wird auf vergangene Handhabungen eingegangen und nicht darauf, wie angesichts der wachsenden Zahl ausländischer Institute die Qualität im Hochschulwesen gewährleistet bleibt. Ebenso bleibt die Frage 3 unbeantwortet, ob der Bund darauf abzielt, durch die einfache Zulassung von FH-Instituten den Zugang zum Arbeitsmarkt verstärkt über Fachhoch-schulabschlüsse zu öffnen.
4. «Der wohlabgestimmte Mix aus allgemeinbildenden und berufsbildenden Angeboten ist eine Stärke des Schweizer Bildungssystems. Deshalb setzt sich der Bund zusammen mit den Kantonen für die klare Profilierung der verschiedenen Angebote ein. Berufsleute mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis oder einer anderen gleichwertigen Qualifikation können an den Höheren Fachschulen einen eidgenössisch anerkannten Abschluss auf Tertiärstufe erwerben. Die zeitlich und inhaltlich sehr aufwändige Akkreditierung einer Schule als Fachhochschulinstitut ist gemäss HFKG mit klaren Voraussetzungen verbunden. So müssen FH-Institute beispielsweise neben der Lehre auch angewandte Forschung betreiben.»
Es wird zwar auf die Stärke des Schweizer Bildungssystems hingewiesen, jedoch fehlen in der Antwort Angaben dazu, wie sich der Bund genau für die allgemeinbilden-den und berufsbildenden Angebote einsetzt. Und die Frage ist berechtigt, ob mit gleichen Ellen gemessen wird, wie beispielsweise bei der Finanzierung. Es wird nicht klar auf die eigentliche Frage eingegangen, die sich explizit darauf bezieht, ob es im Interesse des Bundes wäre, wenn Höhere Fachschulen eine Akkreditierung als Fachhochschulinstitut anstreben, um flexibler und marktgerechtere Bildungsprogramme anzubieten. Wie würde der Bund die womöglich langfristigen Auswirkungen einer solchen Entwicklung auf das Schweizer Bildungssystem bewerten, insbesondere im Hinblick auf die Profilierung der Höheren Fachschulen und Fachhochschulen? Wie Höhere Fachschulen schneller auf Veränderungen im Angebot reagieren können, wird ebenfalls nicht thematisiert.