An der HF studieren, wenn die Zeit reif ist
Studien und Darstellungen zur Anzahl der Lehrabgänger, die eine Höhere Fachschule besuchen, vermitteln ein falsches Bild – weil HF-Studierende bei Studienbeginn wesentlich älter sind als Erstsemestrige an Fachhochschulen.
Mitte August hat der Tages-Anzeiger einen Artikel über Lehrabgänger publiziert und die Frage gestellt: Was dann? In der dazugehörigen Grafik (siehe Bild oben) führt ein dünner Strich mit einer 8 Prozent-Marke zu den Höheren Fachschulen. Sind die Höheren Fachschulen für junge Berufsleute derart wenig attraktiv? Mitnichten! Der Tages-Anzeiger stützt sich nämlich auf eine Studie des Bundesamts für Statistik*, welche die Verläufe von 89‘000 jungen Menschen während dreieinhalb Jahren nach ihrem Sekundarstufe II-Abschluss analysierte. Fakt ist aber: Viele beginnen ihr HF-Studium erst später – der Untersuchungszeitraum von dreieinhalb Jahren nach dem Lehrabschluss ist dementsprechend nicht repräsentativ. Wer sich für ein Studium mit berufsspezifischer Ausrichtung entscheidet, fängt offensichtlich erst dann an, wenn er oder sie sich bereit und reif fühlt, sich auf der höchsten Bildungsstufe weiterzuentwickeln.
Die aktuelle Salärstudie des ODEC, an der fast 3800 HF-Absolventen und -Studierende teilgenommen haben, hat gezeigt, dass das Durchschnittsalter bei Beginn des HF-Studiums bei rund 28 Jahren liegt. Mit 33 Jahren am ältesten sind die Sozialpädagogen, gefolgt von den HF-Studierenden der Fachrichtungen Bau und Informatik. Am unteren Ende der Skala liegen die Studierenden aus dem Bereich Tourismus – in diesen Fachrichtungen sind die Erstsemestrigen Anfang zwanzig.
Mehr als doppelt so viele Personen, als die Tages-Anzeiger-Grafik ausweist, schliessen jährlich mit einem HF-Diplom ab. 2015 waren es 8450, 2017 nochmals 300 mehr. Das zeigt: Um ein realistisches Bild zu erhalten, müsste der Pfeil zu den Höheren Fachschulen doppelt so dick sein. Und: Der Untersuchungszeitraum müsste mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Lehre umfassen. Alles in allem setzen rund 15 Prozent der Lehrabgänger früher oder später auf eine Karriere auf dem Berufsbildungsweg. Ein ähnliches Bild würde sich bei den restlichen Abschlüssen der Höheren Berufsbildung ergeben. Anders sieht es bei den Übergängen zu Berufsmatur und Fachhochschulen aus, wo das Durchschnittsalter beim Eintritt bei 23 Jahren liegt – hier würde sich auch nicht viel verändern, wenn man einen längeren Zeitraum nach dem Lehrabschluss berücksichtigen würde.
Um ein realistisches Bild der Ist-Situation zu erhalten, müsste die Grafik so aussehen:
*https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.assetdetail.5006699.html